Wenn das Meer erstarrt – die Eiswinter an der Ostsee im Spiegel der Geschichte
Historische Eiswinter Ostsee der letzten Jahrhunderte. Die Ostsee ist heute ein beliebtes Urlaubsziel mit milden Wintern und seltenem Seeeis. Doch das war nicht immer so. In früheren Jahrhunderten verwandelten extreme Kältewellen die Ostsee regelmäßig in eine gigantische Eisfläche – mit dramatischen Folgen für Mensch, Natur und Handel. Händler zogen mit Schlitten über das zugefrorene Meer, die Schifffahrt kam zum Erliegen, und Küstenorte litten unter Isolation und Versorgungsengpässen. Auf dieser Seite tauchen wir ein in die faszinierende Geschichte der härtesten Winter an der Ostsee – von der Kleinen Eiszeit bis ins 20. Jahrhundert. Mit historischen Quellen, Karten, historischen Bildern, KI-generierten Bildern und spannenden Hintergrundinformationen zeige ich, wann und warum die Ostsee komplett vereiste – und welche Spuren diese Naturphänomene bis heute hinterlassen haben. Dieser Artikel ist ein Spezialthema der Seiten Ostsee – Historie, Wetter und Webcams. Zusätzlich betrachtet dieser Artikel „Eiswinter Ostsee“ einen Teilbereich der ausführlichen und detaillierten chronologischen Auflistung der Seite Außergewöhnliche/Extreme Wetterereignisse in Mitteleuropa der letzten 2000 Jahre. Eine Fundgrube von historischen Ereignissen, nicht nur aus der Sicht des Wetters und Klimas.Warum friert die Ostsee überhaupt zu?
Die Ostsee, ein Brackwassermeer mit geringem Salzgehalt, ist anfällig für Vereisung, insbesondere in strengen Wintern. Historische Aufzeichnungen und moderne Messungen zeigen, dass es in den letzten Jahrhunderten mehrere außergewöhnlich harte Eiswinter gab, die das Leben an den Küsten massiv beeinflussten. Nachfolgend eine Zusammenstellung der schlimmsten Eiswinter, auf der Basis von historischen Berichten und wissenschaftlichen Daten, sowie eine Einordnung der härtesten Eiswinter. Die Informationen stammen aus Chroniken, wissenschaftlichen Berichten und meteorologischen Aufzeichnungen. Sie sind nicht zwingend vollständig, ein möglicherweise fehlender markanter Eiswinter an der Ostsee kann gerne in den Kommentaren genannt werden.Historische Eiswinter an der Ostsee (vor 19. Jahrhundert)
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Winter 1322/23:
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Beschreibung: Chroniken berichten von einer vollständigen Vereisung der Ostsee, die so stark war, dass Straßenräuber angeblich zu Fuß vom slawischen Festland nach Dänemark zogen, um dort zu plündern.
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Besonderheit: Die Ostsee war durchgehend mit Eis bedeckt, was Handels- und Räuberrouten über das Eis ermöglichte. Solche Berichte deuten auf eine extreme Kälte hin, die während der Kleinen Eiszeit (ca. 1300–1850) häufiger vorkam.
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Auswirkungen: Massive Einschränkungen der Schifffahrt und des Handels; Lebensmittelknappheit in Küstenregionen.
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Winter 1459/60:
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Beschreibung: Historische Quellen berichten, dass die Ostsee so stark zugefroren war, dass Fußgänger von Dänemark nach Lübeck über das Eis reisten.
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Besonderheit: Die extreme Vereisung ermöglichte ungewöhnliche Reisen über das Meer. Es wird von Wärmestuben und Handelsrouten auf dem Eis berichtet.
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Auswirkungen: Schifffahrt und Fischerei kamen zum Erliegen; wirtschaftliche Schäden für Küstenstädte.
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Winter um 1700 und 1800:
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Beschreibung: Historische Aufzeichnungen deuten auf besonders strenge Eiswinter in diesen Perioden hin, die mit der Kleinen Eiszeit zusammenfielen. Die Ostsee war häufig stark vereist, und Häfen waren monatelang unzugänglich.
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Besonderheit: Diese Winter waren Teil einer klimatologischen Kältephase, in der die Ostsee regelmäßig zufror.
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Auswirkungen: Wirtschaftliche Einbußen durch blockierte Handelsrouten; Versorgungsengpässe.
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Historische Eiswinter an der Ostsee im 19. und frühen 20. Jahrhundert
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Winter 1829/30:
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Beschreibung: Ein extrem kalter Winter in Westeuropa, vergleichbar mit späteren Jahrhundertwintern. Die Ostsee war vollständig vereist, und selbst in südlicheren Regionen wie England fror die Themse zu.
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Besonderheit: Die Kälte war europaweit extrem, mit Temperaturen in Nordeuropa bis zu -31 °C.
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Auswirkungen: Massive Verkehrsbehinderungen; hohe wirtschaftliche Schäden durch eingestellte Schifffahrt.
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Winter 1879/80:
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Beschreibung: Ein weiterer Jahrhundertwinter, der in Großbritannien als einer der kältesten seit 1659 gilt. Die Ostsee war komplett zugefroren, und die Schifffahrt war stark eingeschränkt.
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Besonderheit: Lange Frostdauer und hohe Schneemengen verstärkten die Vereisung.
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Auswirkungen: Wirtschaftliche Schäden und Versorgungsprobleme in den Anrainerstaaten.
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Winter 1928/29:
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Beschreibung: In Kiel war die Ostsee so stark vereist, dass der Kieler Hafen und der Nord-Ostsee-Kanal für die Schifffahrt gesperrt waren. Temperaturen sanken in Nordeuropa auf bis zu -31 °C. Am 14. Februar 1929 lagen 137 Schiffe im Kieler Hafen fest.
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Besonderheit: Die Eisdicke erreichte stellenweise 120 cm, und selbst schwere Schiffe konnten das Eis nicht durchbrechen. Die Idee für den Lotsengesangverein „Knurrhahn“ entstand in dieser Zeit aus der Untätigkeit der Lotsen.
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Auswirkungen: Wirtschaftlicher Schaden für Reeder; Versorgungsengpässe an Land.
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Historische Eiswinter an der Ostsee im 20. Jahrhundert
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Winter 1939/40, 1941/42 und 1946/47:
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Beschreibung: Diese drei Winter gehören zu den strengsten des 20. Jahrhunderts, in denen die Ostsee jeweils fast vollständig (bis zu 100 %) zugefroren war. Besonders 1939/40 war in Schwerin der kälteste Winter seit Messbeginn 1890 mit einer Mitteltemperatur von -5,6 °C.
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Besonderheit: Eisdicken von bis zu 120 cm; die Schifffahrt war monatelang eingestellt. Die Kriegsjahre erschwerten zusätzlich die Versorgung.
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Auswirkungen: Massive Behinderungen für Handel und Fischerei; Versorgungsprobleme während des Krieges.
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Winter 1962/63:
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Beschreibung: Einer der härtesten Winter des 20. Jahrhunderts in Europa. Die Ostsee war komplett vereist, und selbst Flüsse wie der Rhein und der Main froren zu. Temperaturen sanken in Polen auf bis zu -40 °C.
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Besonderheit: Bis zu 120 Eistage in Folge in manchen Regionen; die Bottenwiek und der Finnische Meerbusen waren monatelang zugefroren.
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Auswirkungen: Verkehr und Wirtschaft waren stark beeinträchtigt; hohe Frostschäden und erhöhte Sterberaten (z. B. in Hamburg +46 % im Februar 1963).
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Winter 1978/79:
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Beschreibung: Ein „Jahrhundertwinter“ mit extremen Schneefällen und Vereisung. Die Ostsee war stark vereist, und Hiddensee war zeitweise abgeschnitten. Rekordschneemengen (z. B. 49 cm in Boizenburg) wurden gemessen.
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Besonderheit: Kombination aus starker Vereisung und massiven Schneefällen.
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Auswirkungen: Verkehrschaos und Versorgungsprobleme; hohe wirtschaftliche Schäden.
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Winter 1986/87:
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Beschreibung: Die Ostsee war zu fast 100 % vereist (ca. 400.000 von 420.000 km²), mit Eisdicken von bis zu 120 cm. Dies war der letzte Winter, in dem das Binnenmeer nahezu komplett zufror.
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Besonderheit: Besonders starke Vereisung in der Bottensee (15–70 cm Eisdicke); Schifffahrt war nur mit Eisbrechern möglich.
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Auswirkungen: Wirtschaftliche Schäden durch eingestellte Schifffahrt; hoher Einsatz von Eisbrechern.
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Winter 1995/96:
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Beschreibung: Der letzte „echte“ Eiswinter an der deutschen Ostseeküste, mit einer Mitteltemperatur in Warnemünde von -2,6 °C. Die Ostsee war in weiten Teilen zugefroren, und Hiddensee war zeitweise zu Fuß erreichbar.
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Besonderheit: 50 Dauerfrosttage und 81 Frosttage in Warnemünde; günstige Bedingungen für Eisbildung durch wenig Wind und niedrige Temperaturen.
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Auswirkungen: Verkehrsbehinderungen; ökologische Studien nutzten die Kälte für Untersuchungen.
- Der letzte richtige Eiswinter an der Ostsee
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Historische Eiswinter an der Ostsee im 21. Jahrhundert
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Winter 2010/11:
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Beschreibung: Der schwerste Eiswinter der letzten 30 Jahre, mit einer Eisbedeckung von 300.000 km² und Eisdicken von 15–70 cm in der Bottensee.
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Besonderheit: Besonders strenge Kälte in Nordskandinavien (Temperaturen unter -20 °C); die Insel Hiddensee war zeitweise vom Festland abgeschnitten.
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Auswirkungen: Einsatz von neun Eisbrechern in der Bottenwiek; Verkehrs- und Handelsbehinderungen
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Einordnung: Die härtesten Eiswinter
Die „härtesten“ Eiswinter an der Ostsee zeichnen sich durch eine nahezu vollständige Vereisung (über 90 % der Fläche), lange Frostdauer, hohe Eisdicken (bis zu 120 cm) und massive wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Auswirkungen aus. Basierend auf den verfügbaren Daten lassen sich folgende Winter als die härtesten einstufen:
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1322/23 und 1459/60:
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Begründung: Historische Berichte deuten auf eine vollständige Vereisung hin, die sogar Fußreisen über die Ostsee ermöglichte. Diese Winter fallen in die Kleine Eiszeit, eine Periode extremer Kälte. Die Auswirkungen waren dramatisch, da die damalige Gesellschaft weniger resilient gegenüber solchen Ereignissen war.
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Einschränkung: Die Datenlage ist begrenzt und basiert auf subjektiven Chroniken.
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1939/40, 1941/42, 1946/47:
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Begründung: Diese Winter waren meteorologisch dokumentiert und zeigten eine nahezu 100 %-ige Vereisung der Ostsee. Besonders 1939/40 war der kälteste Winter in Schwerin seit Messbeginn. Die Kriegsjahre verstärkten die Auswirkungen durch Versorgungsengpässe.
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Besonderheit: Kombination aus extremer Kälte und geopolitischen Herausforderungen.
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1962/63:
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Begründung: Dieser Winter gilt als Jahrhundertwinter mit bis zu 120 Eistagen und einer vollständigen Vereisung der Ostsee. Die extremen Temperaturen (-40 °C in Polen) und die langen Frostperioden machten ihn zu einem der härtesten des 20. Jahrhunderts.
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Besonderheit: Europaweite Kältewelle mit hohen wirtschaftlichen Schäden und erhöhten Sterberaten.
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1986/87:
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Begründung: Der letzte Winter, in dem die Ostsee fast vollständig (ca. 400.000 km²) zufror, mit Eisdicken von bis zu 120 cm. Moderne Messungen bestätigen die Schwere dieses Winters.
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Besonderheit: Letzter extrem starker Eiswinter vor dem Einfluss der Modernen Erwärmung, die mildere Winter zur Folge hatte.
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- Einige weitere Streng-Winter. Jeder in der Rangliste „Die kältesten Winter in Mitteleuropa der letzten 2000 Jahre!“ aufgeführten Winter hatte eine starke Vereisung der Ostsee zur Folge.
Trends und Kontext
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Kleine Eiszeit: Viele der härtesten Eiswinter (z. B. 1322/23, 1459/60, um 1700/1800) fielen in die Kleine Eiszeit, eine Periode globaler Abkühlung.
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Klimawandel: Seit den 1980er Jahren sind Eiswinter milder geworden, mit einer Abnahme der Eistage und der Eisbedeckung. Der mildeste Eiswinter war 2019/20 mit nur 37.000 km² Eisbedeckung.
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Zyklische Muster: Einige Quellen deuten auf zyklische Schwankungen hin, möglicherweise beeinflusst durch den Golfstrom, mit Perioden milder Winter gefolgt von extrem kalten Jahren (z. B. 1940, 1956, 1963, 1978, 1987).
Fazit
Die Ostsee hat in ihrer Geschichte mehrere extreme Eiswinter erlebt, die das Leben an ihren Küsten prägte. Die härtesten Winter – 1322/23, 1459/60, 1939/40, 1941/42, 1946/47, 1962/63 und 1986/87 – zeichneten sich durch nahezu vollständige Vereisung, lange Frostdauer und massive wirtschaftliche Schäden aus. Historische Winter wie 1322/23 und 1459/60 sind durch ihre kulturellen Berichte bemerkenswert, während die Winter des 20. Jahrhunderts durch präzise Messungen belegt sind.Die Informationen stammen aus Chroniken, wissenschaftlichen Berichten und meteorologischen Aufzeichnungen. Sie sind nicht zwingend vollständig, ein möglicherweise fehlender markanter Eiswinter an der Ostsee kann gerne in den Kommentaren ergänzt werden.
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