Warum konnten die Wikinger Grönland besiedeln?

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Warum die Wikinger im Hochmittelalter Süd-Grönland besiedeln konnten und die Bedingungen damals günstiger waren

Die Wikinger-Expansion war ein bedeutendes Phänomen der europäischen Geschichte, das etwa vom späten 8. bis ins 11. Jahrhundert stattfand. Sie umfasste Raubzüge, Handelsreisen und Siedlungsgründungen in weiten Teilen Europas, des Nordatlantiks und darüber hinaus. Die Besiedlung Grönlands durch die Wikinger ist ein besonders faszinierendes Kapitel dieser Expansion.

1. Wann war die Wikinger-Expansion und speziell die Besiedlung Grönlands?

Die Wikinger-Expansion begann ungefähr Ende des 8. Jahrhunderts (um 793 n. Chr., mit dem Überfall auf das Kloster Lindisfarne als oft genanntes Startdatum) und dauerte bis ins 11. Jahrhundert. Die Besiedlung Grönlands erfolgte relativ spät in diesem Zeitraum:

  • Um 982 n. Chr.: Der Wikinger Erik der Rote (Eiríkr Rauði) wurde aus Island wegen eines Totschlags verbannt und segelte nach Westen, wo er Grönland entdeckte. Nach drei Jahren der Erkundung kehrte er nach Island zurück, um Siedler zu rekrutieren.
  • Um 985/986 n. Chr.: Erik führte eine Flotte von etwa 25 Schiffen mit Siedlern nach Grönland, wo sie zwei Hauptsiedlungen gründeten: die Östliche Siedlung (Eystribyggð, im heutigen Südgrönland) und die kleinere Westliche Siedlung (Vestribyggð, weiter nördlich). Dies markiert den Beginn der norwegischen Kolonisierung Grönlands.

Die Wikinger-Siedlungen in Grönland bestanden etwa 400 Jahre lang, bis sie im 14. und 15. Jahrhundert aus verschiedenen Gründen (siehe unten) verschwanden.

Warum konnten die Wikinger Grönland besiedeln? Erik der Rote
982 n.Chr. erreichte Erik der Rote ausgehend von Island den Süden Grönlands und erkundete das neu entdeckte Land.

2. Warum konnten die Wikinger nach Grönland expandieren?

Die Besiedlung Grönlands war durch eine Kombination aus technologischen, sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Faktoren möglich:

  • Schiffbau- und Navigationstechnologie:

    • Die Wikinger waren hervorragende Seefahrer und Schiffbauer. Ihre Langschiffe und Knorres waren robust, schnell und konnten sowohl offene Ozeane als auch flache Küstengewässer befahren. Sie nutzten einfache, aber effektive Navigationsmethoden wie Sonnensteine (möglicherweise polarisierende Kristalle), Sternenbeobachtung und Landmarken, um weite Strecken zu überwinden.
    • Die Entdeckung Grönlands war eine natürliche Fortsetzung ihrer Erkundungen westwärts von Norwegen über die Färöer-Inseln und Island.
  • Soziale und politische Faktoren:

    • In Norwegen und Island führten Bevölkerungsdruck, begrenzte landwirtschaftliche Flächen und Konflikte (z. B. Fehden oder politische Machtkämpfe, wie Eriks Verbannung) dazu, dass viele Wikinger neue Siedlungsmöglichkeiten suchten.
    • Grönland bot scheinbar unbewohntes Land für die Landwirtschaft und eine Chance, neue Gemeinschaften aufzubauen.
  • Klimatische Bedingungen:

    • Die Besiedlung Grönlands fiel in die Mittelalterliche Warmzeit (ca. 950–1250 n. Chr.), eine Periode mit relativ mildem Klima im Nordatlantik. Dies machte die Landwirtschaft in Südgrönland möglich und erleichterte die Seefahrt durch weniger Eisbedeckung.
  • Wirtschaftliche Anreize:

    • Grönland bot Ressourcen wie Walrosselfenbein, Felle und möglicherweise Fisch, die im Handel mit Europa (insbesondere Norwegen) wertvoll waren.
    • Erik der Rote benannte das Land bewusst „Grönland“ (Grünland), um Siedler anzulocken, obwohl nur Teile der Küstenregion tatsächlich grün und für Landwirtschaft geeignet waren.
Warum konnten die Wikinger Grönland besiedeln? Expansion nach Grönland.
Bei der Expansion der Wikinger nach Grönland waren gleich auch Frauen mit dabei.

3. Wie waren die Verhältnisse (Wetter/Klima) damals in Grönland im Vergleich zu heute?

Das Klima in Grönland während der Wikingerzeit unterschied sich deutlich von den heutigen Bedingungen, war aber immer noch herausfordernd:

  • Mittelalterliche Warmzeit (ca. 950–1250 n. Chr.):

    • Während dieser Periode war das Klima im Nordatlantik milder als heute, mit höheren Durchschnittstemperaturen (schätzungsweise um 1–2 °C wärmer in Südgrönland).
    • Die Fjorde in Südgrönland waren weitgehend eisfrei, und die Küstenregionen boten Grasland, das für die Viehzucht (Schafe, Ziegen, Rinder) geeignet war. Archäologische Funde zeigen, dass die Wikinger Getreide wie Gerste anbauten, wenn auch in begrenztem Umfang.
    • Die Meere rund um Grönland waren weniger von Packeis bedeckt, was die Seefahrt zwischen Grönland, Island und Norwegen erleichterte.
    • Dennoch war das Klima marginal: Die Vegetationsperiode war kurz, und die Siedlungen waren stark von Viehzucht und Jagd abhängig.
  • Vergleich zum heutigen Klima:

    • Heute ist das Klima in Grönland kälter und rauer, da die Mittelalterliche Warmzeit von der Kleinen Eiszeit (ca. 1300–1850 n. Chr.) abgelöst wurde, die das Klima im Nordatlantik verschlechterte. Obwohl das aktuelle globale Klima sich erwärmt, bleibt Grönland größtenteils von Gletschern und Eis bedeckt, und die Landwirtschaft ist schwieriger als in der Wikingerzeit.
    • Die Fjorde sind heute oft länger vereist, und die Vegetationsperiode ist kürzer. Moderne Landwirtschaft in Südgrönland (z. B. Kartoffelanbau) ist nur mit technologischer Unterstützung möglich.
    • Die Wikinger-Siedlungen lagen in Gebieten, die heute teilweise noch grün sind, aber die Bedingungen sind insgesamt weniger stabil, und die Eisbedeckung der Inlandregionen ist größer.
  • Warum war Grönland damals „Grünland“?:

    • Der Name „Grönland“ war teils Marketingstrategie von Erik dem Roten, um Siedler anzulocken. Dennoch war Südgrönland während der Warmzeit tatsächlich grüner als heute, mit Wiesen und Strauchvegetation in den geschützten Fjorden. Archäologische Funde, wie Pollenanalysen, bestätigen, dass Grasland und Birkenwälder in diesen Regionen existierten.
Warum konnten die Wikinger Grönland besiedeln? Wikinger betrieben Landwirtschaft in Süd-Grönland.
Mit einigen Einschränkungen war in Süd-Grönland im Hochmittelalter durch die Wikinger sogar Landwirtschaft möglich.

4. Zusätzliche Details zur Wikinger-Siedlung in Grönland

  • Lebensweise:

    • Die Wikinger lebten hauptsächlich von Viehzucht (Schafe, Ziegen, Rinder) und ergänzten ihre Ernährung durch Jagd (Rentiere, Robben) und Fischerei. Sie bauten Steinhäuser mit Torfdächern, ähnlich wie in Island.
    • Sie handelten mit Europa, exportierten Walrosselfenbein und importierten Eisen, Holz und Getreide, da Grönland an diesen Ressourcen mangelte.
    • Die Siedlungen waren klein: Die Östliche Siedlung hatte schätzungsweise 2.000–3.000 Einwohner, die Westliche Siedlung nur einige Hundert.
  • Kontakt mit indigenen Völkern:

    • Die Wikinger trafen auf die Inuit (oder deren Vorfahren, die Thule-Kultur), die um das 13. Jahrhundert nach Grönland einwanderten. Es gibt Hinweise auf Handel, aber auch auf Konflikte zwischen den beiden Gruppen.
  • Niedergang der Siedlungen:

    • Die Wikinger-Siedlungen verschwanden im 14.–15. Jahrhundert. Mögliche Gründe:
      • Klimaverschlechterung: Die Kleine Eiszeit machte Landwirtschaft und Seefahrt schwieriger.
      • Ressourcenknappheit: Überweidung und fehlendes Holz führten zu ökologischen Problemen.
      • Isolation: Der Handel mit Europa nahm ab, als Norwegen durch die Pest und politische Krisen geschwächt wurde.
      • Konkurrenz durch Inuit: Die besser an das arktische Klima angepassten Inuit könnten die Wikinger verdrängt haben.
      • Archäologische Funde zeigen keine Anzeichen von Massakern; der Niedergang war wahrscheinlich ein gradueller Prozess.

5. Zusammenfassung

  • Zeitraum: Die Wikinger besiedelten Grönland um 985/986 n. Chr., während der allgemeinen Wikinger-Expansion (8.–11. Jahrhundert).
  • Gründe für die Expansion: Fortschrittliche Schiffbaukunst, sozialer Druck, die Mittelalterliche Warmzeit und wirtschaftliche Anreize machten die Besiedlung möglich.
  • Klimavergleich: Grönland war während der Mittelalterlichen Warmzeit milder und grüner als heute, mit eisfreieren Fjorden und besserer Eignung für Viehzucht. Heute ist das Klima kälter und die Landwirtschaft schwieriger, obwohl die globale Erwärmung einige Parallelen zur Warmzeit schafft.
  • Namensgebung: „Grünland“ war teils Werbung, teils Realität, da Südgrönland damals tatsächlich grüne Wiesen hatte.

Fazit: Warum die Wikinger Südgrönland besiedeln konnten und die Bedingungen damals günstiger waren

Die Besiedlung Südgrönlands durch die Wikinger war ein Zusammenspiel aus technologischer Überlegenheit, sozialem Druck und den günstigen Bedingungen der Mittelalterlichen Warmzeit. Die milderen Temperaturwerte, eisfreien Fjorde und stabilen Niederschläge ermöglichten eine autarke Lebensweise mit Viehzucht und Handel. Die Wikinger profitierten von einem stabilen, natürlichen Klima, während die moderne Erwärmung unvorhersehbare Herausforderungen mit sich bringt. Selbst wenn die weltweite Temperatur seit der Kleinen Eiszeit wieder deutlich angestiegen ist, sind nicht alle Regionen in der Welt wärmer geworden, da eine Veränderung des Welt-Klimas auch andere Hauptwind-Zirkulation und Meeresströmungen ermöglicht.

Zukunftsperspektive

Die globale Erwärmung könnte Südgrönland langfristig wieder landwirtschaftlich attraktiver machen, etwa durch den Anbau neuer Kulturen wie Kartoffeln oder Beeren. Allerdings erfordert dies moderne Technologien wie Gewächshäuser und Bewässerungssysteme, um die Instabilität des Klimas auszugleichen – ein Luxus, den die Wikinger nicht hatten. Ihre Fähigkeit, sich an marginale Bedingungen anzupassen, bleibt ein beeindruckendes Zeugnis ihrer Anpassungsfähigkeit.


Dieser Artikel „Warum konnten die Wikinger Grönland besiedeln?“ betrachte einen Teilbereich der ausführlichen und detaillierten chronologischen Auflistung der Seite Außergewöhnliche/Extreme Wetterereignisse in Mitteleuropa der letzten 2000 Jahre. Eine Fundgrube von historischen Ereignissen, nicht nur aus der Sicht des Wetters und Klima.

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