Übersicht zur Arktis-Insel Ellesmere Island

Ellesmere Island, auch bekannt als Ellesmere-Insel, ist eine der faszinierendsten und entlegensten Regionen der Welt. Als drittgrößte Insel Kanadas und zehntgrößte der Erde liegt sie im hohen Norden des kanadischen Arktis-Archipels und bildet einen Teil der Queen Elizabeth Islands. Mit einer Fläche von etwa 196.236 Quadratkilometern erstreckt sie sich von etwa 77° bis 83° nördlicher Breite und ist damit die nördlichste Insel Kanadas. Ihr nördlichster Punkt, Cape Columbia, ist nur rund 769 Kilometer vom geographischen Nordpol entfernt. Diese Insel ist nicht nur ein Symbol für extreme Naturbedingungen, sondern auch ein Hotspot für Klimaforschung, Ökologie und Abenteuertourismus. In diesem Artikel tauchen wir tief in die Geographie, das Klima auf Ellesmere Island, die einzigartige Vegetation, die Gründe für das Fehlen einer dicken Eisschicht, die Tier- und Pflanzenwelt, die menschliche Präsenz, die Infrastruktur und die Unterschiede zu anderen Inseln der kanadischen Arktis ein.

Die Insel wurde erstmals 1616 von dem britischen Entdecker William Baffin gesichtet und später nach dem Earl of Ellesmere benannt. Heute gehört sie zum Territorium Nunavut und beherbergt den Quttinirpaaq-Nationalpark, der mehr als ein Fünftel der Insel umfasst. Aufgrund des Klimawandels und der zunehmenden Schmelze von Gletschern gewinnt Ellesmere Island an Bedeutung in der globalen Debatte um den Arktis-Schutz.

Ellesmere Island März
Wenn Ende Februar und im März die Dunkelheit langsam weicht und die Sonne am Horizont auftaucht, ist auf Ellesmere Island weitgehend eine Polarwüste vorherrschend.

Die Geographie und Lage von Ellesmere Island

Ellesmere Island liegt im Kanadischen Arktischen Archipel, getrennt von Grönland durch die Nares-Straße im Osten. Im Westen grenzt sie an Axel Heiberg Island über den Nansen Sound und Eureka Sound, im Süden an Devon Island über den Jones Sound. Die Insel ist 820 Kilometer lang und bis zu 440 Kilometer breit, was sie zu einer der größten unbewohnten Landmassen macht. Die Landschaft wird von der Arctic Cordillera dominiert, einem Gebirgssystem, das die Insel zu der bergigsten im gesamten Archipel macht. Höchster Punkt ist der Barbeau Peak mit 2.616 Metern, der Teil der Challenger Mountains ist – dem nördlichsten Gebirge der Welt.

Mehr als 40 Prozent der Insel sind vergletschert, darunter große Eisfelder wie das Manson Icefield (6.200 km²), das Prince of Wales Icefield (20.700 km²) und die Agassiz Ice Cap (21.500 km²). Der Quttinirpaaq-Nationalpark schützt über 38.000 Quadratkilometer, einschließlich des Lake Hazen, des größten Sees nördlich des Polarkreises.

Geologisch gesehen ist Ellesmere Island das Ergebnis von Hebungen und Verwerfungen vor der Pleistozän-Epoche, gefolgt von Erosion durch Gletscher und Meereseis. Diese Prozesse haben eine dramatische Küstenlinie mit Fjorden und Eisschelfs geschaffen, wie dem Ward Hunt Ice Shelf, das durch die moderne Erwärmung (oft einfach Klimawandel genannt) stark schrumpft. Die Insel ist ein Polardesert, was bedeutet, dass sie extrem trocken ist – trotz der Nähe zum Arktischen Ozean.

Die Kombination aus hohen Bergen, Gletschern und spärlichem Pflanzenwuchs macht Ellesmere zu einem perfekten Labor für die Erforschung eines sich wandelnden Klima. In den letzten Jahren hat die Schmelze von Eiskappen wie den St. Patrick Bay Ice Caps gezeigt, wie vulnerabel diese Region ist.

Ellesmere Island Frühling
Selbst wenn die Sonne schon höher steht, herrscht bis weit in den Mai hinein noch tiefster Winter.

Das Klima auf Ellesmere Island und in der Umgebung

Das Klima auf Ellesmere Island ist arktisch und extrem: Es handelt sich um eine Mischung aus Tundra-Klima (Köppen ET) und Eiskappen-Klima (Köppen EF), mit ganzjährig kalten Temperaturwerten. Die Durchschnittstemperaturwerte liegen im Winter bei -30 bis -40 °C, im Sommer selten über 5 °C (von wenigen Ausnahmen, dazu weiter unten mehr). Der nördliche Teil der Insel erlebt den Polarwinter mit bis zu viereinhalb Monaten Dunkelheit, während der Polarsommer drei Monate anhaltendes Tageslicht bringt.

Niederschlag ist gering: Viele Gebiete erhalten nur 70 mm pro Jahr, was Ellesmere zu einer Polardesert macht. Prägende Winde kommen aus Nordwesten, trocken und kalt durch die Eisbedeckung des Arktischen Ozeans. Im Osten beeinflusst der mildere Westgrönlandstrom die südöstliche Küste, was zu etwas milderen Bedingungen führt. Die globale Erwärmung ist hier deutlich zu sehen: Seit den 2000er Jahren sind Sommertemperaturwerte um etwa 1 °C gestiegen, was zu verstärkter Schmelze führt.

Stürme haben ihren Höhepunkt im Oktober, bevor das Meer friert, und der Polare Wirbel (die kanadische Arktis ist einer der Kältepole der Nordhalbkugel) verstärkt im Winter die Kälte mit Windgeschwindigkeiten bis zu 145 km/h. In der Umgebung, wie auf Axel Heiberg oder Devon Island, ist das Klima ähnlich, aber Ellesmere ist durch seine Nördlichkeit extremer.

Der Arktische Ozean sorgt für Nebel und Eisdrift, was die Navigation erschwert. Historisch gesehen hat das Klima auf Ellesmere Island zu Isolation geführt, wie während der Kleinen Eiszeit (1400–1600), als Inuit die Insel verließen.

Zur mittelalterlichen Warmzeit war Ellesmere Island bewohnbar

Es gibt Hinweise darauf, dass das Klima auf Ellesmere Island vor der Kleinen Eiszeit (ca. 1400–1600) milder war, was die Anwesenheit von Inuit ermöglichte. Archäologische Funde, wie Überreste der Thule-Kultur (Vorfahren der heutigen Inuit), zeigen, dass die Insel zwischen etwa 1000 und 1400 n. Chr. besiedelt war. Diese Periode fällt mit der Mittelalterlichen Warmzeit (ca. 950–1250) zusammen, einer Phase global milder Temperaturen, die auch die Arktis beeinflusste.

Während dieser Zeit war das Klima in der Region vermutlich günstiger für Jagd und Fischerei, insbesondere entlang der Küsten, wo Inuit auf Meeressäuger wie Robben und Walrosse angewiesen waren. Die milderen Temperaturwerte führten wahrscheinlich zu weniger Meereis, was die Jagd erleichterte, und zu längeren Vegetationsperioden in Gebieten wie dem Lake Hazen, wo Pflanzen und Tiere reichlicher vorkamen. Pollenanalysen und geologische Daten deuten darauf hin, dass die Tundra damals produktiver war, was die Versorgung mit Ressourcen unterstützte.

Mit Beginn der Kleinen Eiszeit kühlte das Klima stark ab, was die Lebensbedingungen verschlechterte. Dickere Meereisbedeckung, kürzere Sommer und strengere Winter machten Jagd und Überleben schwieriger, was wahrscheinlich zur Aufgabe der Siedlungen auf Ellesmere Island führte. Die Inuit zogen vermutlich südwärts zu Inseln wie Baffin Island, wo Bedingungen weiterhin tragbar waren.

Ähnlich wie die Wikinger zeitweise Südgrönland besiedeln konnten, war das Klima auf Ellesmere Island vor 1400 milder, mit längeren Sommern und weniger extremen Bedingungen, was menschliches Leben erleichterte. Die Abkühlung in der Kleinen Eiszeit machte die Insel dann weitgehend unbewohnbar für die Inuit bis zur von der kanadischen Regierung erzwungenen Umsiedlung in den 1950er Jahren (Grise Fiord).

Ellesmere Island im Juni
Im Juni wirkt die Sonne ganztägig auf Schnee und Eis ein und sorgt für deutliches Tauwetter.

Klimadaten im Überblick (basierend auf Eureka-Station)

Monat
Durchschnittstemperatur (°C)
Niederschlag (mm)
Schneetage
Januar
-35
5
20
Juli
5-8
10-20
0-5
Jahresdurchschnitt
-20
70-100
200+

Diese Daten unterstreichen, warum Ellesmere Island als „Top of the World“ gilt – extrem, aber faszinierend.

Ellesmere Island im Sommer
Typischerweise befindet sich diese arktische Region im Sommer oft unter Nebel und Hochnebel. Aber einige Gebiete sind von Mitte Juli bis Mitte August begünstigt mit teilweise über 15°C und Vegetation.

Warum gibt es im Inneren der Insel im Sommer ein mildes Gebiet mit Vegetation?

Trotz der Härte des Klimas auf Ellesmere Island existiert im Inneren, speziell um den Lake Hazen und das Hazen Plateau, eine „arktische Oase“ – ein milderes Gebiet mit überraschender Vegetation. Lake Hazen, der größte See nördlich des Polarkreises (74 km lang, 537 km²), liegt in einem durch Berge geschützten Becken. Im Sommer erreichen Temperaturen hier bis zu 20 °C, dank der langen Sonneneinstrahlung (über drei Monate) und der Abschirmung vor kalten Winden. Dieses Mikroklima entsteht durch:

  • Gebirgsschutz: Die umliegenden Berge der Arctic Cordillera blocken kalte Luftmassen ab, was zu einem quasi-kontinentalen Klima führt.
  • Thermische Oase-Effekt: Der See speichert Wärme und schafft Feuchtigkeit, die Vegetation fördert.
  • Längere schneefreie Periode: Bis über 70 schneefreie Tage ermöglichen Wachstum.
  • Lee-Effekte: Im Schutz der Bergkette können auch Lee-Effekte eine Rolle spielen, wobei die Berge hauptsächlich die kalten Luftmassen vom arktischen Ozean abhalten, aber durchaus Wolken und Nebel verhindern können. Dadurch kann die Sonne, die 24 Stunden am Tag im Juni und Juli scheint, ihre Wirkung voll entfalten

Messungen aus dem Internationalen Geophysikalischen Jahr (1957–1958) zeigten, dass ein Großteil der Oberflächenwinde am See ruhig oder nahezu windstill sind, im Gegensatz zu windigeren Stationen wie Alert oder Eureka in der Nähe.

Vegetation umfasst über 100 Gefäßpflanzenarten, wie Arktische Weide (die einzige holzige Art), Arktischer Mohn, Steinbrech, Wollgras und Silberwurz. Von Mitte Juli bis August blüht die Tundra hier farbenfroh. Im Vergleich zur restlichen Insel, wo Pflanzenwachstum minimal ist, ist dies ein Biodiversitäts-Hotspot. Die globale Erwärmung der letzten Jahzehnte verstärkt dies, führt aber auch zu Veränderungen, wie zunehmender Plankton-Wachstum im See.

Ellesmere Island - Lake Hazen
Auf der nördlichsten Insel Kanadas Ellesmere Islands sind regional begrenzt wie hier am Lake Hazen im Hochsommer zwischen Mitte Juli und Mitte August durchaus fast 20 Grad möglich und kurzzeitig erblüht sogar Vegetation.

Warum gibt es auf Ellesmere Island kein dickes Eis wie in Grönland oder der Antarktis?

Ellesmere Island hat Gletscher und Eisschelfe, aber keine massive kontinentale Eisschicht wie Grönland (bis 3 km dick) oder die Antarktis (bis 4,8 km). Gründe dafür:

  • Geologische Geschichte: Vor der Pleistozän-Epoche (>2,6 Mio. Jahre) gab es Hebungen und Verwerfungen, die die Insel formten. Nach der letzten Eiszeit hob sich das Land durch isostatische Erholung, was Akkumulation verhinderte.
  • Insel- vs. Kontinent-Status: Grönland und Antarktis sind Kontinente mit zentralen Becken, die Schnee ansammeln. Ellesmere ist eine Insel mit begrenzter Fläche und stärkerer Erosion durch Gletscher, Schmelzwasser und Meereseis.
  • Niedriger Niederschlag: Als Polardesert sammelt sich weniger Schnee an; viel Eis ist Schelfeis aus Meereis, wie das Ward Hunt Shelf (bis 80 m dick), das seit 1906 um 90% schrumpfte.
  • Kein positives Massenbilanz: Im Gegensatz zu Grönland, wo Schnee akkumuliert, schmilzt oder fließt Eis auf Ellesmere ab. Knapp die Hälfte der Insel ist vergletschert, aber die Dicke beträgt selten mehr als 900 m – weit weniger als Grönlands 3 km. Der Klimawandel beschleunigt den Verlust, wie beim Kollaps des letzten intakten Eisschelfs 2020.

Welche Menschen und Tiere leben auf Ellesmere Island?

Tiere auf Ellesmere Island

Die Tierwelt ist an die Extreme angepasst. Landtiere umfassen Moschusochsen (Umingmak), Peary-Karibus, Polarwölfe, Polarfüchse, Polarhasen und Lemminge. Vögel wie Schneeeulen, Gerfalken, Kanadagänse und Seevögel brüten im Sommer. Marine Säugetiere sind rar wegen des dicken Eises, aber Robben und Walrosse kommen vor. Insekten wie die Polarbummel (Bombus polaris) und der Arktische Wollhaarbär (bis 14 Jahre Lebenszyklus) sind einzigartig. Im Lake Hazen leben Arktische Saiblinge. Die Ökosysteme sind jung (postglazial, 8.000–6.000 v. Chr.) mit kurzen Nahrungsketten.

Menschen auf Ellesmere Island

Die Bevölkerung beträgt nur 144 (2021), hauptsächlich Inuit in Grise Fiord, der nördlichsten zivilen Siedlung Kanadas. Historisch besiedelten Paleo-Eskimos (Independence I-Kultur) die Insel ab 2700 v. Chr., gefolgt von Dorset- und Thule-Kulturen (Vorfahren der Inuit). Europäer kamen ab 1818 (John Ross). Heute leben Forscher und Militär in Alert (nördlichster bewohnter Ort, 55 Soldaten) und Eureka (Wetterstation). Inuit in Grise Fiord wurden in den 1950er Jahren umgesiedelt, um Kanadas Souveränität zu sichern.

Die Infrastruktur auf Ellesmere Island

Infrastruktur ist minimal: Keine Straßen, nur Schotterwege. Versorgung erfolgt per Schiff (Juli–September) oder Flugzeug.

Wichtige Einrichtungen:

  • Eureka Aerodrome: Wetter- und Forschungsstation mit Observatorien (z.B. PEARL für Atmosphärenforschung).
  • Alert: Militärstützpunkt mit Flugplatz.
  • Grise Fiord: Kleiner Hafen, Schule, Laden; Bevölkerung abhängig von Jagd und Subventionen.
  • Forschungsbasen: Wie Camp Hazen am Lake Hazen für IGY-Studien (1957–58). Navigation ist gefährlich durch Eis und Wetter; moderne Technik wie Satelliten hilft. Tourismus ist begrenzt auf Expeditionen, z.B. zu Quttinirpaaq.
Ellesmere Island Herbst
Ende August, spätestens im September setzt wieder Frostwetter ein und noch bevor im Oktober die lange Dunkelheit vorherrscht, haben Schnee und Eis wieder die Dominanz zurückgewonnen.

Was unterscheidet Ellesmere Island von anderen Inseln der Kanadischen Arktis?

Ellesmere Island sticht heraus durch:

  • Nördlichste Lage: Im Gegensatz zu Baffin Island (südlicher) oder Banks Island (wärmer) ist sie näher am Pol.
  • Bergigste Struktur: Arctic Cordillera macht sie zur gebirgigsten; andere wie Victoria Island sind flacher.
  • Meiste Eisbedeckung: Über 40% vergletschert, mehr als Axel Heiberg oder Devon.
  • Nationalpark: Quttinirpaaq ist der zweitnördlichste Park der Welt, mit Lake Hazen – einzigartige Oase.
  • Geomagnetischer Nordpol: Lag 2015 auf der Insel.
  • Biodiversität: Höhere Artenvielfalt in der Oase im Vergleich zu trockeneren Inseln wie Melville.

Vergleichstabelle zu anderen Arktis-Inseln

Insel
Größe (km²)
Eisbedeckung (%)
Bevölkerung
Besonderheit
Ellesmere
196.236
40+
144
Nördlichste, bergigste, Oase
Baffin
507.451
20-30
11.000+
Größte, Inuit-Zentren
Victoria
217.291
<10
1.700
Flacher, wärmer
Banks
70.028
Minimal
100
Tundra, Karibus

Ellesmere ist extremer und weniger zugänglich, was sie zu einem Symbol für unberührte Arktis macht.

 


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